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Verfahrenskomplex Commerzialbank: Anklage gegen zwei Ex-Bankvorstände und drei Unternehmer


  • Ehemaliger Vorstandsvorsitzender und Vorstandskollegin wegen Veruntreuung von Bankgeldern, Untreue, betrügerischer Krida u.a. angeklagt
  • Anklage auch gegen drei Unternehmer als Aussteller von Scheinrechnungen und Empfänger der Millionenbeträge
  • Gesamtschaden in Höhe von rund 70 Millionen Euro
  • Gleichzeitige Einstellung von Teilaspekten auf Basis der Ermittlungsergebnisse; weitere Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte im Verfahrenskomplex laufen noch


Presseinformation, 29.01.2024

1. Zur Anklage

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat in der Causa Commerzialbank eine weitere Anklageschrift beim Landesgericht Eisenstadt eingebracht. Angeklagt werden der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Commerzialbank Mattersburg, eine ehemalige Vorstandskollegin sowie drei Unternehmer.

Den beiden ehemaligen Vorständen der Bank wird unter anderem Veruntreuung (§ 133 StGB), Untreue (§ 153 StGB) und betrügerische Krida (§ 156 StGB) vorgeworfen. Sie sollen demnach Bankgelder von knapp 40 Millionen Euro veruntreut und mittels Scheinrechnungen unrechtmäßig den Unternehmen ihnen nahestehender Unternehmer zukommen haben lassen. Ebenso sollen sie Kredite von insgesamt über 30 Millionen Euro an diese Unternehmen vergeben haben, obwohl diese wirtschaftlich nicht vertretbar und nicht ausreichend besichert gewesen sein sollen. Darüber hinaus müssen sich die beiden Bankvorstände wegen Geldwäscherei (§ 165 StGB) und im Zusammenhang mit Scheckfälschungen und deren Verwendung (§ 241a bzw. § 241b StGB) verantworten, mit denen unrechtmäßig Bargeld aus der Bank behoben wurde. All dies sei zum Nachteil der Bank und damit ihrer Einleger und anderen Gläubiger geschehen.

Mitangeklagt sind drei Unternehmer, deren Unternehmen sich in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hatten. Sie hätten sich durch ihre Kreditanträge an den strafbaren Handlungen der Bankvorstände beteiligt, und seien als Aussteller von Scheinrechnungen bzw. Kreditnehmer die Empfänger der Millionenbeträge gewesen. Zwei von ihnen hätten damit auch gefälschte Bilanzen erstellt. Ihnen wird die Beteiligung an der Veruntreuung und Untreue der Bankvorstände vorgeworfen, ebenso Geldwäscherei und betrügerische Krida sowie unterschiedliche Bilanzdelikte (§163a StGB).

Die Schadenshöhe der anklagegegenständlichen Tatvorwürfe beläuft sich insgesamt auf rund 70 Millionen Euro. Der Strafrahmen für Veruntreuung, Untreue und betrügerische Krida beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Die Einbringung der Anklageschrift erfolgte nach Genehmigung des entsprechenden Vorhabensberichtes durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Bundesministerium für Justiz in Übereinstimmung mit dem Weisungsrat.

Die eingebrachte Anklage ist ein Teilaspekt des laufenden strafrechtlichen Verfahrens zur Aufarbeitung der Insolvenz der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG (kurz: Commerzialbank Mattersburg).


2. Teileinstellungen anderer Ermittlungsverfahren

Der Anklage waren umfangeiche Ermittlungen und unter anderem die Einholung mehrerer Gutachten vorausgegangen. Auf Basis der Ermittlungsergebnisse wurden andere Verfahrensstränge teils eingestellt. Eingestellt wurden demnach die Ermittlungsverfahren

  • gegen die beiden Bankvorstände sowie gegen einen der Unternehmer im Zusammenhang mit weiteren Kreditvergaben und Forderungsverzichte zum Nachteil der Bank,
  • gegen die drei Unternehmer wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB) im Zusammenhang mit der Insolvenz ihrer Unternehmen,
  • gegen zwei der Unternehmer sowie weitere Beschuldigte bzw. Verdächtige wegen Betrugs im Zusammenhang mit der Beantragung von Zinszuschüssen und sonstigen Förderungen des Landes Burgenland bzw. Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB) im Zusammenhang mit Geschenklisten der Commerzialbank Mattersburg,
  • gegen drei Familienmitglieder eines der Unternehmer als Beteiligte an Untreue und Geldwäscherei,
  • sowie gegen eine weitere Beschuldigte wegen der Bestimmung eines Bankvorstands zur Veruntreuung von Bargeldbeträgen der Commerzialbank Mattersburg.


3. Zum weiteren Verfahrenskomplex Commerzialbank

Im Verfahrenskomplex Commerzialbank ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gemeinsam mit der SOKO Commerz und dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zudem derzeit weiterhin gegen 35 Beschuldigte, darunter 9 Verbände unter anderem wegen gewerbsmäßig schweren Betruges, Untreue, Betrügerischer Krida, Bilanzfälschung, Geldwäscherei sowie wegen diverser Korruptionsvorwürfe. Alleine im Stammverfahren wird noch gegen 14 natürliche Personen und 8 Verbände ermittelt. Insgesamt sind im Commerzialbank-Komplex neben dem Stammverfahren derzeit 5 weitere Verfahren offen.

Der Akt besteht mittlerweile aus 62 Bänden mit rund 2.200 Ordnungsnummern. Es wurden Daten im Ausmaß von 80 TB sichergestellt, die teilweise noch ausgewertet werden. Derzeit wird von einem Schaden in der Größenordnung von zumindest 600 Millionen Euro ausgegangen.

Zu den übrigen Faktenkreisen laufen die Ermittlungen noch. So sind u.a. noch das Hauptgutachten sowie Gutachten zu weiteren Teilbereichen offen. Weiters wurde unter anderem ein Ermittlungsverfahren gegen drei namentlich bekannte Beschuldigte und einen Verband wegen des Verdachts der unvertretbaren Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände (§ 163a StGB) bzw. unvertretbarer Berichte von Prüfern bestimmter Verbände (§ 163b StGB) eingeleitet. Hintergrund der Ermittlungen sind im Wesentlichen Vorwürfe gegen Abschlussprüfer der Bank, Bestätigungsvermerke betreffend die Commerzialbank in den Jahren 2016 bis 2018 unrichtig ausgestellt zu haben. Dazu fanden im März 2023 Hausdurchsuchungen an insgesamt fünf Unternehmensstandorten bzw. Privaträumlichkeiten in zwei Bundesländern statt. Die Ermittlungsanordnungen zu den Hausdurchsuchungen wurden nach gerichtlicher Bewilligung von der SOKO Commerz mit Unterstützung des Bundeskriminalamtes und des Landeskriminalamts Burgenland durchgeführt, wobei Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Amtshandlungen an allen Standorten leiteten. Wirtschaftsexperten und IT-Experten der Justiz unterstützten die Amtshandlungen. Sämtliche sichergestellten Unterlagen dazu befinden sich derzeit versiegelt bei Gericht. Das Entsiegelungsverfahren läuft.

Im sogenannten „Geschenkeakt“ wurde gegen rund 120 mutmaßliche Geschenkempfänger als Beschuldigte wegen Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB) ermittelt und der Großteil bereits nach entsprechender Genehmigung der Vorhabensberichte durch die Fachaufsicht unter anderem mangels Nachweisbarkeit eingestellt. Bis dato wurden dazu keine Anklagen erhoben. Es gab schon vier Diversionen. Das Verfahren zu diesem Teilaspekt ist noch nicht gänzlich abgeschlossen.

Teilweise wurden Ermittlungsverfahren zu Nebenaspekten nach entsprechender Genehmigung der Vorhabensberichte durch die Fachaufsicht bereits eingestellt bzw ausgeschieden.


Rückfragen & Kontakt:
Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)
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