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Prozessbegleitung

Die maßgeblichen Rechtsquellen für Prozessbegleitung sind die österreichische Strafprozessordnung (StPO) und die österreichische Zivilprozessordnung (ZPO). Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG) hinzu kommen Bestimmungen im Mediengesetz (MedienG).


Anspruch auf Prozessbegleitung haben nach § 66b StPO

  • Opfer eines Gewaltdeliktes, Sexualdeliktes oder einer gefährlichen Drohung oder Opfer, deren persönliche Abhängigkeit durch eine vorsätzlich begangene Straftat ausgenützt worden sein könnte
  • Ehegattin:Ehegatte, Lebensgefährtin:Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie, Bruder, Schwester oder sonstige Unterhaltsberechtigte einer Person, die durch eine Straftat getötet wurde, sowie andere Angehörige, die Zeuge:Zeugin der Tötung einer:eines Verwandten wurden
  • Opfer terroristischer Straftaten und zwar auch dann, wenn sie unmittelbar oder mittelbar nur einen vermögensrechtlichen oder immateriellen Schaden erlitten haben
  • Opfer von beharrlicher Verfolgung („Stalking“), fortdauernder Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems („Cybermobbing“) und Verhetzung und zwar auch dann, wenn sie unmittelbar oder mittelbar nur einen vermögensrechtlichen oder immateriellen Schaden erlitten haben
  • Opfer von übler Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung, Beleidigung und Verleumdung, wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine solche Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde und zwar auch dann, wenn sie unmittelbar oder mittelbar nur einen vermögensrechtlichen oder immateriellen Schaden erlitten haben
  • Minderjährige, die Zeugen:Zeuginnen von Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) waren

Diesen Opfern ist auf ihr Verlangen psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu gewähren, soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte der Opfer unter größtmöglicher Bedachtnahme auf ihre persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Die Beurteilung, ob Prozessbegleitung „erforderlich“ ist, obliegt den Prozessbegleitungseinrichtungen (Einführungserlass des Bundesministeriums für Justiz vom 21.12.2005). Opfer eines Sexualdeliktes, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, haben in jedem Fall Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung.

Psychosoziale Prozessbegleitung

Im Rahmen der psychosozialen Prozessbegleitung werden Opfer und Angehörige auf die seelischen Belastungen des Verfahrens vorbereitet, in der Aufarbeitung des Erlebten (Ängste, Verzweiflung, Trauer oder Wut) unterstützt und auch zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren begleitet.

Juristische Prozessbegleitung

Die juristische Prozessbegleitung dient der Durchsetzung der Rechte, die einem Opfer im Strafverfahren zustehen, und ist insbesondere dann sinnvoll und notwendig, wenn besondere Umstände befürchten lassen, dass die Rechte des Opfers im Verfahren nicht ausreichend respektiert werden. Sind dem Opfer durch die Tat Schmerzen oder Schäden entstanden, so kann die:der Rechtsanwältin:Rechtsanwalt Schadenersatz z.B. Schmerzengeld für das Opfer einfordern (Privatbeteiligung).

Die Qualitätsstandards für Prozessbegleitung finden Sie unten zum Download.


Auch im Zivilprozess gib es die Möglichkeit für psychosoziale Prozessbegleitung. Wenn dem Opfer im Strafverfahren psychosoziale Prozessbegleitung gewährt wurde, kann es diese auch im Zivilprozess verlangen. Dafür muss der Zivilprozess in sachlichem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Strafverfahrens stehen. Die psychosoziale Prozessbegleitung wird für den Zivilprozess bis zu einem Höchstbetrag von 1,000 Euro gewährt; genießt das Opfer Verfahrenshilfe, so beträgt der Höchstbetrag 1,400 Euro. Der:Die psychosoziale Prozessbegleiter:in darf das Opfer zu allen Verhandlungen und Vernehmungen begleiten.

Dies gilt auch für Verfahren außer Streitsachen (Außerstreitverfahren). Eine Verurteilung im Strafprozess ist nicht Voraussetzung für die psychosoziale Prozessbegleitung im Zivilverfahren.

Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG) wurden auch im Mediengesetz (MedienG) die Grundlagen für psychosoziale und juristische Prozessbegleitung bei der Stellung selbständiger Anträge auf Entschädigung, auf Einziehung und auf Urteilsveröffentlichung geschaffen, weil mit derartigen Anträgen psychosoziale Belastungen von Opfern bzw. Betroffenen ebenso verbunden sind, wie sie oftmals schwierige Rechtsfragen aufwerfen.


Stand: Juni 2024