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Das vorzeitige Ende einer Holzbrücke - wer haftet für morschen Leimbinder?

Im Jahr 1990 errichtete ein Innsbrucker Unternehmen im Auftrag einer Gemeinde im Bezirk Kitzbühel eine Brücke über die Kitzbüheler Ache, die sogenannte Schwimmbadbrücke. Die überdachte, gut 27 m lange Fachwerksbrücke kostete umgerechnet knapp € 130.000,--. Am 8.4.2010, also nur 10 Jahre nach ihrer Errichtung, brach die Brücke unter der Last einer Putz-/Kehrmaschine ein. Ursache des Bruchs war ein Leimbinder, ein sogenannter Untergurt, der durch eindringendes Wasser morsch geworden war. Die Brücke musste gesperrt und letztlich zur Gänze
abgetragen werden.
Die klagende Gemeinde begehrte in dem am Landesgericht Innsbruck angestrebten Zivilverfahren vom beklagten Holzunternehmen den Ersatz ihres Schadens. Sie behauptete unter anderem, die Holzbrücke sei mangelhaft errichtet worden, die gewählte Konstruktion habe das Eindringen von Wasser nicht verhindern können, die Nassreinigung und die Salzstreuung gehörten zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften einer solchen Brücke und das beklagte Holzunternehmen habe auch seine Warnpflicht verletzt. Das Holzunternehmen berief sich insbesondere darauf, dass die Brücke dem seinerzeitigen Stand der Technik und gemäß den Ausschreibungsunterlagen errichtet worden sei. Die von der Gemeinde immer wieder durchgeführte Nassreinigung sei bei derartigen Brücken unüblich. Die Gemeinde habe den Schaden selbst zu verantworten.
Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck, mit dem die Schadenersatzklage abgewiesen wurde, wurde nunmehr vom Oberlandesgericht Innsbruck bestätigt. Nach der Verkehrsauffassung schuldete das beklagte Holzunternehmen eine Holzbrücke, die eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren haben sollte. Die aus Leimbindern, Stabdübeln und Schlitzblechen bestehende Holzkonstruktion entsprach dem damaligen Stand der Technik. Der klagenden Partei als Werkbesteller ist es, so das Oberlandesgericht Innsbruck in seiner Entscheidung vom 5.8.2015, nicht gelungen, dem Holzunternehmen einen Mangel beim konstruktiven Holzschutz (etwa ein nicht ausreichendes Vordach gegen eindringende Niederschlagswässer) nachzuweisen. Die Nassreinigung einer solchen Brücke, wie sie die Gemeinde vorgenommen habe, sei keine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft, sodass konstruktiv kein besonderer Schutz gegen das Eindringen von Reinigungswässern vorzusehen gewesen sei. Das beklagte Holzunternehmen habe schließlich auch keine Warnpflichtverletzung zu verantworten, weil es nicht damit habe rechnen müssen, dass die Gemeinde die Brücke so nass reinigen werde, dass es dadurch zum Eintritt von Reinigungswässern in die Holzkonstruktion komme.
Damit konnte die Gemeinde den erlittenen Schaden nicht auf das beklagte Holzunternehmen abwälzen.

Hinweis:
Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 5.8.2015,
10 R 41/15b (kann bei Bedarf anonymisiert zur Verfügung gestellt werden)

Innsbruck, am 19. August 2015

Der Leiter der Medienstelle des Oberlandesgerichts Innsbruck:
Dr. Wigbert Zimmermann
Vizepräsident des Oberlandesgerichts Innsbruck