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Die Präsidentin und die Präsidenten der Oberlandesgerichte fordern von der künftigen Bundesregierung eine Stärkung des Rechtsstaats

Im Jahr 2019 warnte der damalige Justizminister Clemens Jabloner vor dem „stillen Tod“ der Justiz. Die OLG-Präsidentin und die OLG-Präsidenten erneuern nun diese Warnung: Die Justiz befindet sich weiterhin in einem kritischen Zustand. Sie fordern Maßnahmen, um das Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken, und mehr Ressourcen, um die Arbeit der Gerichte
qualitativ und quantitativ aufrecht erhalten zu können.
Die Präsidentin und die Präsidenten der Oberlandesgerichte Wien, Linz, Graz und Innsbruck fordern von der künftigen Bundesregierung Maßnahmen zur Stärkung des Rechtsstaats in Österreich. Es braucht ausreichend Personal und Budget, um Rechtsstreitigkeiten rasch und qualitativ hochwertig erledigen zu können. Durch die demografische Entwicklung kommt es auch in der Justiz in den nächsten Jahren zu einer Vielzahl an Pensionierungen, zugleich
steigt der Arbeitsaufwand. So fehlen nach der aktuellen Personalanforderungsrechnung derzeit knapp 200 richterliche Planstellen bei den 20 Landesgerichten und den 113 Bezirksgerichten. Dazu kamen und kommen laufend zusätzliche Aufgaben wie die soeben eingebrachte Neuregelung der Sicherstellung im Strafverfahren, für die derzeit noch gar
keine zusätzlichen Planstellen vorgesehen sind. Im Supportbereich, dem Rückgrat der Arbeit der Gerichte, aber auch bei Sachverständigen und in der Erwachsenenvertretung herrscht ebenso großer Personalbedarf. Es besteht aber auch ein Rückstau an Reformen, etwa bei der Einführung einer unabhängigen Weisungsspitze, wie es im EU-Rechtstaatlichkeitsbericht 2024 zum wiederholten Mal empfohlen wird. 

„Ein funktionierender Rechtsstaat ist die Grundlage der Demokratie, er gewährleistet ein friedliches und sicheres Zusammenleben der Menschen und sichert den Wirtschaftsstandort. Der Justiz kommt dabei eine unverzichtbare Funktion zu“, heißt es von der Präsidentin und den Präsidenten der Oberlandesgerichte Katharina Lehmayer (OLG Wien), Helmut Katzmayr (OLG Linz), Michael Schwanda (OLG Graz) und Wigbert Zimmermann (OLG Innsbruck).

Mehr Unterstützungspersonal und eine Kampagne für den Rechtsstaat

Die OLG-Präsidentin und die OLG-Präsidenten fordern eine ausreichende Personalausstattung. Sie muss dem gestiegenen Arbeitspensum, den immer komplexer werdenden Rechtsfällen und den zusätzlichen Aufgaben durch neue Gesetzesvorhaben Rechnung tragen. Dringend benötigt wird zusätzliches Unterstützungspersonal für die Arbeit der Richter:innen, damit diese sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Es braucht mehr Personal für die Kanzleien und Teamassistenzen, aber auch für juristische Mitarbeiter:innen, Verfahrensmanager:innen und Expert:innen. Dazu gehört auch eine leistungsgerechte Entlohnung für alle Bediensteten, die den gestiegenen Anforderungen gerecht wird.

Die OLG-Präsidentin und die OLG-Präsidenten fordern auch, dass das Thema Rechtsstaatlichkeit in den Lehr- und Ausbildungsplänen der Schulen und Universitäten verankert wird. In diesem Zusammenhang braucht es ebenso eine Kampagne für den Rechtsstaat im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Justiz. Dadurch soll das Bewusstsein
für den Wert und die Bedeutung des Rechtsstaats in der Bevölkerung gesteigert werden.

Durch Mangel an Sachverständigen droht Stillstand

Gerichtliche Verfahren sind in der Praxis ohne die Beiziehung von Sachverständigen kaum mehr durchführbar. In allen Bereichen führt der Mangel an geeigneten Sachverständigen zu einer Konzentration auf einige wenige Experten. Dadurch verlängert sich in einigen Fällen bereits die Verfahrensdauer. In manchen Bereichen droht sogar der Stillstand der Rechtspflege. Besonders problematisch ist der Mangel im medizinischen Bereich, aktuell vor allem bei den Gerichtspsychiater:innen. Die OLG-Präsidentin und die OLG-Präsidenten fordern, dass die Tarife für die Entlohnung der medizinischen Sachverständigen angehoben werden. Zudem soll die Eintragungsfrist für Berufe von fünf auf drei Jahren verkürzt werden, in denen die Abgabe von Gutachten zur Berufsausbildung gehört (wie bei Ärzt:innen und Techniker:innen). Durch die Einrichtung von Gutachtensstellen an Kliniken und Spitälern sollen zudem personelle Kapazitäten für die Erstellung von Gerichtsgutachten und für die Ausbildung zukünftiger Sachverständiger vorgesehen werden.