Festakt zu "170 Jahre Oberlandesgericht Graz - 130 Jahre Justizpalast Graz"
Spitzenvertreter aus Justiz und
Politik versammelten sich am Freitag zu einem besonderen Jubiläum im Festsaal
des Oberlandesgerichts Graz. Vor genau 170 Jahren, am 21. Juni 1854, wurde mit Verordnung des Justizministers das 1850 mit
der Zuständigkeit für das Kronland Steiermark gegründete Oberlandesgericht Graz
mit dem gleichzeitig aufgelösten Oberlandesgericht Klagenfurt zum neuen Oberlandesgericht
für Steiermark, Kärnten und Krain vereinigt und ist damit der unmittelbare
Vorgänger des heutigen Oberlandesgerichts Graz mit seiner Zuständigkeit für die
ordentliche Gerichtsbarkeit der Bundesländer Kärnten und Steiermark. Fast
40 Jahre später, am 18. April 1894, übersiedelte das Gericht aus dem Pöllauer
Hof am Mehlplatz in das Justizpalais am heutigen Marburgerkai.
„170 Oberlandesgericht Graz – 130 Jahre Justizpalast“: In dem Festakt wurde an die lange Geschichte des Hauses erinnert und zugleich der Blick nach vorne gerichtet. Zu den Gästen zählten u.a. Justizministerin Alma Zadić, die Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs, Christoph Grabenwarter und Georg Kodek, die Generalprokuratorin Margit Wachberger, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz, Reinhard Kloibhofer, die Landtagspräsidentin und der Landtagspräsident aus Kärnten und der Steiermark, Manuela Khom und Reinhart Rohr, sowie der Grazer Stadtrat Günter Riegler.
Zadić: „Der Rechtsstaat muss stark und widerstandsfähig bleiben“
In ihren Grußworten sagte Justizministerin Zadić: „Jubiläen sind ein guter Zeitpunkt, um innezuhalten und zu reflektieren. Den Blick in die Vergangenheit zu richten und aus der Geschichte zu lernen. Und mit diesem Wissen in der Gegenwart dafür zu sorgen, dass der Rechtsstaat stark und widerstandsfähig bleibt. Das ist seit Beginn meiner Amtszeit eines meiner grundlegenden Anliegen. Deshalb habe ich mich in den letzten Jahren dafür eingesetzt, dass die Justiz mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird. Wie wertvoll eine resiliente Justiz ist, führt uns der heutige Festakt eindrücklich vor Augen. Ich danke dem Präsidenten des OLG Graz, Michael Schwanda, sehr herzlich für diese wichtige Initiative. Es ist unser aller Aufgabe, die grundlegenden Prinzipien der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen und konsequent einzumahnen.“
Justizministerin Alma Zadić mit der Festschrift "170 Jahre Oberlandesgericht Graz - 130 Jahre Justizpalast Graz" Foto: OLG Graz/Alexander Danner
Aktuelle Herausforderungen für die Justiz
Für den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, Michael Schwanda, war der Festakt auch Anlass, um einen „Blick in die Gegenwart der Justiz“ in Kärnten und der Steiermark zu werfen.
In seiner Ansprache verwies der Präsident auf aktuelle Herausforderungen im Personalbereich: „Die Pensionierungen steigen laufend und wie in der Gesellschaft allgemein, steht uns in den nächsten Jahren der Abgang der geburtenstärksten Jahrgänge bevor.“ Zwar gebe es für freiwerdende richterliche und staatsanwaltschaftliche Stellen immer noch ausreichende Bewerberzahlen, der Rekrutierung der „Besten der Besten“ komme aber eine immer größere Bedeutung zu.
Aktuell seien die Gerichte in Kärnten und in der Steiermark zudem mit einer steigenden Inanspruchnahme konfrontiert: „Dabei ist auch eine steigende Komplexität der Akten, sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht, und eine zum Teil doch erhöhte emotionale Betriebstemperatur in vielen Verfahren zu beobachten.“ All diesen Faktoren versuche man in der Justizverwaltung mit wirksamen Maßnahmen zu begegnen, erklärte Schwanda und verwies dabei auf die verlässliche Unterstützung des Justizministeriums.
Mit Blick auf Vergangenes und Zukünftiges sagte der Präsident abschließend: „Weit ist der Weg, den wir in der Zweiten Republik auch in der Justiz zurückgelegt haben; groß sind die zivilisatorischen Errungenschaften unseres Rechtsstaates seit 1945 bis hinauf in die Gegenwart. Setzen wir alles daran, dass das auch in Zukunft so bleibt!“
„Hüter des Rechtstaats und der Demokratie“
Die steirische Landtagspräsidentin Manuela Khom strich die Wichtigkeit der „Hüter des Rechtsstaats und der Demokratie“ hervor. Der Kärntner Landtagspräsident Reinhart Rohr wiederum betonte, dass es Aufgabe der Politik sei, die Justiz mit den erforderlichen Mitteln auszustatten und diese, wenn nötig, auch aufzustocken.
Gernot Kanduth, Präsident der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter, wies in seiner Ansprache darauf hin, wie wichtig es sei, die Arbeit der Justiz sichtbar zu machen: „Das Bewusstsein um die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit für ein friedliches Zusammenleben in Freiheit muss gestärkt werden. Gerade in Zeiten multipler Krisen helfen Veranstaltungen wie diese, die Menschen für die unverzichtbare Rolle unabhängiger Gerichte für Demokratie und Rechtsstaat zu sensibilisieren.“
50 Jahre Richterinnen im Sprengel des OLG
Einen Blick zurück auf den weiten Weg seit Bestehen des OLG Graz warfen die Rechtshistorikerinnen Ilse Reiter-Zatloukal und Anita Ziegerhofer. Die Universitätsprofessorinnen haben Beiträge für die Festschrift „170 Jahre Oberlandesgericht Graz – 130 Jahre Justizpalast Graz“ verfasst. Ziegerhofer fasste ihre Forschungen zu den ersten Richterinnen im Sprengel des OLG Graz zusammen; dabei wurde die erste Frau – sie war Gast der Festveranstaltung – vor genau 50 Jahren ins Richteramt ernannt. Ilse Reiter-Zatloukal wiederum widmete sich in ihrem Beitrag der Rolle der Richter und Staatsanwälte im Sprengel des OLG während der Zeit zwischen 1933 und 1938 und der NS-Zeit.
Zum Abschluss des Festakts wurden die Gäste der Veranstaltung zu einem Empfang geladen.
Michael Schwanda,
Präsident des OLG Graz, Alexander Pirker, Sektionschef im Justizministerium,
die Landtagspräsidenten aus der Steiermark und Kärnten Manuela Khom und
Reinhart Rohr Foto: OLG Graz/Alexander Danner