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Berufungsurteil des LG Linz zur Frage der Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit bei Gewährung der Wohnbeihilfe

Utl.: Berufung des Landes OÖ wurde Folge gegeben und die Klage abgewiesen

Der 1981 geborene Kläger (als langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger) begehrte vom Land Oberösterreich die Zahlung von Euro 3096,94 (wegen nicht gewährter Wohnbeihilfe) sowie einen immateriellen Schaden von Euro 1000,00. Er stützte sich auf § 8 des oberösterreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (ADG) und brachte vor, dass die Nichtgewährung der Wohnbeihilfe wegen der nicht-deutschen Muttersprache des Klägers und der von ihm zu erfüllenden Voraussetzungen (Nachweis von Deutschkenntnissen) eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit darstelle.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz wurde dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben.

Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten in seiner Entscheidung vom 8. Juli 2021 Folge gegeben und das Klagebegehren abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass das in § 1 Abs. 1 oö. Antidiskriminierungsgesetz normierte Diskriminierungsverbot „aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit“ primär im Einklang mit der Richtlinie 2000/43/EG auszulegen sei. Zudem verbiete auch Art. 21 der Europäischen Grundrechtecharta (EU-GRC) Diskriminierungen (unter anderem) wegen der ethnischen Herkunft. Darüberhinaus sei die Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (die die Beschränkung der Gleichbehandlung bei Sozialhilfe und Sozialschutz auf Kernleistungen durch die Mitgliedstaaten zulasse) zu beachten.

Mit Beschluss vom 6. Februar 2020 legte das Berufungsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zur Vorabentscheidung der Auslegung von Bestimmungen der genannten Richtlinien vor.

Nach Beantwortung der Vorfragen durch den EuGH (Urteil vom 10. Juni 2021, C-94/20) hat das Landesgericht Linz das Berufungsverfahren fortgesetzt.

Der EuGH hatte im Vorabentscheidungsverfahren klargestellt, dass die Regelung des § 6 Abs. 9 Z. 3 und Abs. 11 oö Wohnbauförderungsgesetz, die unterschiedslos für alle Drittstaatsangehörigen die Gewährung der Wohnbeihilfe von einem in bestimmter Weise zu erbringenden Nachweis grundlegender Deutschkenntnisse abhängig macht, auch gegenüber langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen weder eine unmittelbare, noch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft im Sinn von Art. 2 der Richtlinie 2000/43/EG darstelle. Darüber hinaus wurde durch den EuGH auch klargestellt, dass Art. 21 der EU-GRC, insoweit er jede Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft verbiete, der Regelung des § 6 Abs. 9 und 11 oö Wohnbauförderungsgesetz nicht entgegenstehe, und zwar selbst dann nicht, wenn die Wohnbeihilfe nach dem oö Wohnbauförderungsgesetz eine „Kernleistung“ im Sinne von Art. 11 Abs. 4 der Daueraufenthalts-RL 2003/109/EG darstellen sollte.

Im Sinne dieser Ausführungen stellte das Landesgericht Linz fest, dass keine Diskriminierung des Klägers (der seine Schadenersatzansprüche ausschließlich auf § 8 oö Antidiskriminierungsgesetz gestützt hatte) aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit vorlag. Ob die Regelung des § 6 Abs. 9 und 11 oö Wohnbauförderungsgesetz in Ansehung von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen möglicherweise gegen Art. 11 der Daueraufenthalts-RL 2003/109/EG verstößt (diese Klärung hatte der EuGH in seiner Entscheidung vom 10. Juni 2001, C-94/20, der Beurteilung des nationalen Gerichtes überantwortet), musste durch das LG Linz im vorliegenden Fall nicht beurteilt werden, zumal das oö Antidiskriminierungsgesetz für allenfalls daraus resultierende Schadenersatzansprüche keine Anspruchsgrundlagen biete.

Ein weiteres Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist aufgrund des Streitwerts jedenfalls unzulässig.

Rückfragehinweis:

Mag. Walter Eichinger, Mediensprecher des Landesgerichtes Linz, Mobil: +43 676 89894 2736